Ah, schön, ein Thread, in dem ich über Shades of Grey ranten kann. Die Bücher sind auf so vielen Ebenen scheiße, dass das sicher ein langer Post wird.
1. Die Bücher haben einen Inhalt, der abzüglich der Sexsequenzen auf 5 Minuten zusammen gefasst werden kann. Es passiert NICHTS! Das Buch hat keinen Inhalt. Im zweiten(?) Buch gibt es mal eine kurze Hochphase inklusive Verfolgsungsjagd, aber selbst eine potentiell aufregende Idee wie diese ist schriftstellerisch so dermaßen schlecht umgesetzt, dass man beim Lesen fast einschläft. Hab mir bei allen drei Büchern nur ständig gedacht "Jetzt muss doch endlich mal was passieren! Jetzt aber!". Es liest sich, wie eine endlos lange Einleitung, ohne, dass es einen echten Höhepunkt oder gar einen Spannungsbogen gibt.
Die grundsätzliche Handlung ist so dermaßen an typischen Groschenromanen orientiert, dass es schon weh tut.Nachdem ich einige Groschenromane meiner Mutter gelesen habe, kann ich davon ausgehen, dass diese fast immer nach demselben Schema ablaufen: Frau, oft schüchtern, auf jeden Fall mit stark thematisierten Makeln, hatte entweder überhaupt keinen Spaß am Sex oder empfindet diesen gerade mal als durchschnittlich - bis sie dann auf IHN trifft, den fleischgewordenen Mann ihrer Träume, sich verliebt und natürlich ist der Sex SOFORT der absolute Oberhammer, unabhängig davon, dass es ihr erstes Mal ist o.ä. Klischees, Klischees, Klischees. Funktioniert offensichtlich in dem Genre ganz gut.
Die Charaktere sind so unsympathisch und flach, dass Dolores Umbridge dagegen wie eine Heldin wirkt. Im Grunde ist es schon eine eigene Kunst, ein Buch zu schreiben, dessen Hauptcharaktere so dämlich und unsympathisch wirken, dass man als Leser eigentlich ständig hofft, jemand möge abkratzen. Ehrlich, die meisten Autoren schaffen es, zumindest ihren Hauptfiguren ein wenig Tiefe zu geben. Selbst Serienkiller und Diktatoren können so geschrieben werden, dass man sich bis zu einem gewissen Grad mit ihnen identifizieren kann. Aber Ana und Christian? Fehlanzeige. Natürlich kann man sagen, dass Sympathie eine persönliche Wertung ist, aber die Tiefe ist einfach praktisch nicht vorhanden. Dazu kommt:
Christian Grey ist ein Mary Sue CharakterJa, das klingt erstmal unrealistisch, weil er so ein grenzenloses Arschloch ist (dazu komme ich später noch), aber zwischen den Zeilen wird immer offensichtlicher, dass die Autorin hier offenbar ihren Idealtyp beschreibt. Er ist reich (was er ständig zeigt), wird von allen Frauen angehimmelt (wie alle zwei Zeilen betont wird) und setzt seinen Reichtum auch noch zum Guten der Menschheit ein (Umweltschutz!!!). Seinen ironischen Gipfel findet das Ganze an der Stelle, wo Grey zu Ana sagt, er findet es toll, dass sie nicht auf sein Geld aus ist, wie andere Frauen, während ständig in aller Detailfülle über die Luxusartikel geschwärmt wird, die die beiden sich leisten.
Persönlich habe ich mich außerdem daran gestört, dass Christian Greys Haarfarbe zwar als rot-blond beschrieben wird, aber dennoch alle Frauen auf ihn stehen und er unglaublich, UNGLAUBLICH heiß ist. In meinem Kopf gehen diese beiden Eigenschaften nicht zusammen.
Noch mehr Klischees?Natürlich darf bei all den Klischees eines nicht fehlen: Die schlimme Kindheit, gleichzeitig "Entschuldigung" für Greys psychopathisches Verhalten und misslungener Versuch, über die fehlende Tiefe der Figur und Erzählung hinweg zu täuschen.
Christian Grey ist ein grenzenloses ArschlochJetzt aber. Ich drücke mich kurz aus, weil vieles hier schon genannt wird. Christian Grey ist gewalttätig, ein Stalker, er respektiert Anas Grenzen nicht und wieder nicht und kontrolliert sie in allen Lebensbereichen. Ana fängt auch ziemlich früh an, sich wie einer typisches Gewaltopfer in einer Beziehung zu verhalten und ihr eigenes Verhalten zu ändern, um bei ihm keinen Wutausfall zu provozieren. Eigentlich ist die Handlung schon so extrem typisch, dass man das Buch getrost als Beispiel für die Gefahren einer missbräuchlichen Beziehung sehen könnte. Unter dem Blickwinkel wäre es sogar fast wieder ein recht gutes Buch. Nur leider war das nicht die Intension der Autorin.
Wenn dünne Figuren noch mehr abnehmen, finden das alle ziemlich superEin weiteres Merkmal, woran sich die Autorin offenbar ziemlich aufgeilt, ist Anas Gewichtsverlust. Zwar war sie vorher schon schlank und hat dann noch mehr verloren (natürlich nicht, wegen einer Diät, das wäre ja zu uncool, sondern, weil sie Liebeskummer hatte), aber alle ihre Freunde sagen ihr daraufhin, wie gut sie doch aussieht und irgendwann scheint Ana auch ganz zufrieden damit zu sein. Auf jeden Fall lesen wir nichts davon, dass sie wieder zunimmt. Schöne Botschaft.
Im Schlusstakt wird nicht einmal vor den Kindern halt gemachtPasst natürlich zum Rest des Buches, aber immerhin hat es sich bei Ana noch um eine halbwegs (naja) selbstverantwortliche Erwachsene gehandelt. Ein Kind kann sich dagegen gar nicht wehren. Bei der Stelle, als Christian schreibt, er müsse dann gut auf seine Tochter aufpassen (ergo sie kontrollieren) ist mir fast das Kotzen gekommen.
Ich hatte gehofft, dass es einen Grey Darsteller gibt, der den unsympathischen Christian genauso rüber bringt, wie ich ihn beim Lesen im Kopf hatte. Mit Jamie Dornan haben sie leider(?) eine absolute Fehlbesetzung gelandet, weil er in "Marie Antoinette" bereits bewiesen hat, dass er nicht nur eine sympathische Figur abgeben kann, sondern auch verdammt scharf ist. Jamie Dornan in x Sexszenen zu sehen ist so ziemlich der einzige Grund, wieso ich mir überlegt habe, mir den Film anzusehen. Hab mich aber letztendlich dagegen entschieden, aus oben genannten Gründen.
